Menschen aufgrund ihres äußerlichen Erscheinungsbilds abwerten, so lässt sich Bodyshaming beschreiben. Und dabei ist es irrelevant, ob es sich um spitze Bemerkungen, ungewollte Ratschläge oder schon richtige Beleidigungen handelt. Bodyshaming ist überall: im Netz, im Alltag und beginnt man im Freundes- oder Bekanntenkreis zu fragen, ist auch beinahe jede*r schon damit in Kontakt gekommen, egal welches Geschlecht, Alter oder Religion. Und alle bitte mal die Hand heben, die schon mal eine Diät gemacht haben.
Wieso beschweren wir uns über unsere Cellulite und die ersten Fältchen, wenn wir uns doch freuen können, dass unser Körper so viel für uns leistet? Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, sollten Kleidergrößen sowieso keine Richtlinien für unseren Körper sein. Jeans sind in diesem Zusammenhang ein beliebtes Thema bei vielen Frauen, jede hat doch mindestens drei verschiedene Größen im Kleiderschrank hängen, weil jeder Laden die Größen selbst einzuteilen scheint. Wie wäre es, wenn wir anfangen, unsere Körper nicht als zu dick, zu dünn oder hässlich zu beschreiben, sondern als gesund oder wunderschön?
Body Positivity = Jeder Körper ist schön und jede*r darf und soll sich in seinem Körper schön fühlen.
Body Neutrality = Dem Aussehen weniger Aufmerksamkeit schenken. Den Körper „egal“ finden.
Body Shaming = Das Be- und Abwerten anderer aufgrund ihres äußerlichen Erscheinungsbildes.
Skinny Shaming = Das Be- und Abwerten des Aussehens anderer aufgrund niedrigeren Gewichts.
Fat Shaming = Das Be- und Abwerten des Aussehens anderer aufgrund höheren Gewichts.
Mit Aussagen wie „Iss mal was!“ oder „Sicher, dass du das alles essen solltest?“ kann man beim Gegenüber viel mehr kaputt machen, als man eigentlich denkt. Auch auf Beschreibungen des Körpers sollte man verzichten. Es hat schlichtweg keinen Nutzen, den anderen als „fett“, „Skelett“ oder ähnliches zu bezeichnen. Erstens kann es sein, dass sich das Gegenüber durchaus sehr wohl in seinem*ihrem Körper fühlt. Man kann nicht davon ausgehen, dass jede*r dicke Mensch automatisch ab- und jede*r dünne automatisch zunehmen möchte.
Zweitens weiß man nie, was im anderen vorgeht. Wer weiß, was die- oder derjenige gerade durchmacht und ob man einen Zustand mit einer ungewollten Aussage nur noch schlimmer macht. Und drittens, wenn es der Fall ist, dass sich jemand tatsächlich zu dünn oder zu dick fühlt, ist er oder sie sich dessen bewusst und der Kommentar wird auch so völlig überflüssig und verletzend.
Ein Mantra, an das sich viel mehr Menschen halten könnten, ist: „You shouldn’t point out things about people’s appearances if they can’t fix it in ten seconds.“ Das meint, dass man das Gegenüber gerne auf Schokoreste am Mundwinkel hinweisen kann, aber vermeiden sollte, Dinge zu kritisieren, die sowieso nicht geändert werden können.
Wenn jede*r bei sich anfängt, ist das schon ein Riesenschritt. Problematisch ist allerdings bereits das Bild, das schon Kindern häufig vermittelt wird. Durch Filme, soziale Medien und Klamottenläden. Sei es, dass viele Filme die Hauptrollen mit wunderschönen Schauspieler*innen besetzen oder dass einige Shops nur bestimmte Kleidungsgrößen verkaufen. So kommt es bereits in jungen Jahren zur Ausgrenzung und zum Gefühl, dass man sich verändern müsste.
Körper sind nicht alle gleich
Es ist schön zu sehen, dass es immer mehr Frauen und Männer gibt, die sich in den sozialen Medien für ‚Body Positivity‘ einsetzen und ihre Körper zeigen, wie sie eben sind: nicht perfekt und vor allem nicht alle gleich – und das ist auch gut so. ‚Body Positivity‘ meint, dass sich jede*r in seinem*ihrem Körper wohl und schön fühlen soll. Das schließt Übergewichtige, Untergewichtige und auch die ein, die der „Norm“ entsprechen. Außerdem ist ‚Body Positivity’ ein so wichtiges und faszinierendes Thema, weil es immer um das „dürfen“ und nicht um das „müssen“ geht. Frauen müssen sich beispielsweise nicht (natürlich genauso wenig wie Männer) die Achseln rasieren, dürfen es aber, wenn sie sich so schöner finden. Wichtig ist bei ‚Body Positivity’ nur die individuelle Wahrnehmung, es geht darum sich selbst schön zu fühlen, ohne gesellschaftlichen Druck.
Die Forderungen werden immer lauter, wir wollen Diversität in Film, Fernsehen und T-Shirt Größen. Trotzdem hat die ‚Body Positivity‘ Bewegung noch einen langen Weg vor sich. Solange diverse Castingshows Frauen mit einem völlig normalen Körper noch immer als „plus size“ beschreiben, ist noch einiges zu tun.
Ein relativ neuer Ansatz ist ‚Body Neutrality‘. Diese Bewegung geht noch weiter als die ‚Body-Positivity‘ Bewegung und zielt darauf ab, das Aussehen „egal“ zu finden, da wir dem Schönheitsgedanken grundsätzlich zu viel Aufmerksamkeit widmen. Eine gute Kombination wäre vermutlich eine Mischung aus beidem. Lernen, sich selbst schön zu finden. und gleichzeitig dem Aussehen nicht so viel Wichtigkeit beizumessen. Vielleicht auch einfach mit Freund*innen an den See gehen, weil es Spaß macht und dabei nicht über das Bikinitragen nachdenken.
Bodyshaming ist bullshit. Und gehört abgeschafft. Normschönheiten ändern sich sowieso alle paar Generationen und vielleicht ist unsere Generation die, die es endlich schafft die individuelle Schönheit ohne eine Norm zu sehen?
Anna Fritz
(Dieser Artikel erschien zuerst im Campus Falken.)
Kommentare
- Astrid
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14. November 2022 08:55
An alle, die so denken wie Wolfgang: Es geht in keinster Weise darum, irgendetwas schönzureden. Aber genau an dieser Stelle fängt das Problem an. Wer von Schönreden redet, bewertet und verurteilt.
Es ist zunächst einmal völlig egal, ob sich jemand in seinem Körper wohlfühlt, ob er/sie krank ist oder "nur" einer Norm nicht entspricht. Bewerte ich mein Gegenüber, verletze ich eine Psyche, einen Menschen. Niemand hat das Recht, einem anderen zu sagen, er solle abnehmen, Sport machen, auf seine Gesundheit achten, sein Aussehen verändern etc. Es ist schlicht respektlos. Sein Gegenüber hat man so zu akzeptieren wie es ist, und darüber sollte es auch keine Diskussion geben. Jedes Aber, was der/die eine oder andere Leser*in jetzt im Kopf hat, ist wieder eine Bewertung.
Es gibt ihn, diesen Drang, andere zu belehren, auszugrenzen, ihnen zu sagen, was sie zu tun haben, um sich selbst als besser, gesünder, schlauer, fähiger, mächtiger darzustellen. Und es ist immer genau das: die Erhöhung des eigenen Egos über jemand anderen.
Gesellschaftliche Diskussionen über Gesundheit, Krankheit, ein Überangebot an kalorienreichen Nahrungsmitteln oder Oberschenkelschoner (was immer das ist) müssen woanders geführt werden. Nicht ungefragt mit einem Menschen, der den Normen gemeiner anderer Menschen nicht entspricht. - Wolfgang
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26. Oktober 2022 12:56
Es ist egal wie es genannt wird - ab einem BMI von 40 ist man fett. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es Dicke und auch ein paar Fette. Ich kenne keine*n Fette*n, der/die sich wohlfühlt. Kurzatmigkeit, Wasseransammlungen, Diabetes, Bewegungseinschränkungen - niemand fühlt sich damit wohl. Und warum explodiert der Markt für Body shapes und Oberschenkelschoner? Weil sich alle über ihre Speckwülste freuen? Ich habe da so meine Zweifel...
Anstatt die Fettleibigkeit schön zu reden, sollte das Bewusstsein für einen gesunden Körper geweckt werden. Es muss ein Umdenken eingeleitet werden. Dass permanente Überangebot an Essen und kalorienreichen Getränken ist genau so ein Unfug, als würden dauernd Alkoholika, Tabak und andere Drogen offeriert. Zuviel Kalorien machen eben krank. Auch wenn man es Fat acceptance nennt.
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