Uni der Zukunft: Studierendenleben im Jahr 2035

Wie sieht die Universität der Zukunft aus?

true" ? copyright : '' }

Stell dir vor, es ist das Jahr 2035. Du wachst in deinem Bett in einem nachhaltigen Smart-Wohnheim für Studierende auf. Anstatt dich in einen Hörsaal zu begeben, setzt du eine Augmented-Reality-Brille auf und tauchst in eine Vorlesung ein, die von einer Professorin am anderen Ende der Welt gehalten wird. In der Mittagspause spazierst du über den begrünten Campus zur Mensa, wo nachhaltiges Essen serviert wird, per App vorbestellt, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.

Für Gruppenarbeiten triffst du dich mit deinen Kommiliton*innen in modernen Co-Working-Spaces, unterstützt von intelligenten Assistenten und ausgestattet mit modernster Technologie. Dein Lernfortschritt wird individuell analysiert und eine KI schlägt dir passgenaue Lernmaterialien vor. Keine Prüfungsangst, kein Papierkram, keine überfüllten Hörsäle – so könnte die utopische Vorstellung einer perfekten Universität im Jahr 2035 aussehen.

Gespräch mit einer Expertin: Wie realistisch ist diese Vision?

Um ein klareres Bild davon zu erhalten, wie das Studium der Zukunft tatsächlich aussehen könnte, habe ich mit Jun.-Prof. Dr. Maria Wirzberger gesprochen. Sie ist Leiterin der Abteilung Lehren und Lernen mit intelligenten Systemen an der Universität Stuttgart und forscht an der Schnittstelle von Kognitionspsychologie und Informatik. Im Fokus ihrer Arbeit steht die Frage, wie Technik so gestaltet werden kann, dass sie von Menschen – zum Beispiel im Bildungsbereich – effektiv genutzt werden kann.

Vernetzung und Interdisziplinarität als Schlüssel

Ich beginne unser Gespräch mit der Frage, wie Universitäten im Jahr 2035 im Vergleich zu heute aussehen könnten. Zwei Begriffe bleiben mir besonders im Gedächtnis: Vernetzung und Interdisziplinarität. In der Forschung, aber vor allem in der Lehre, sei es entscheidend, verschiedene Disziplinen zusammenzubringen und den Austausch zwischen ihnen zu fördern, so Maria Wirzberger. Komplexe Themen unserer Zeit wie der Klimaschutz oder die Entwicklung künstlicher Intelligenz lassen sich nicht aus einer einzelnen Perspektive heraus lösen. Zukünftig ein „Mindset der vernetzten Disziplinen“ zu entwickeln, sei daher notwendig, nicht zuletzt, um ein tieferes Verständnis für unterschiedliche Sichtweisen zu entwickeln.

Wie KI das Lernen verändert

Schon heute nutzen viele Studierende KI-Systeme wie ChatGPT. Doch wie wird sich diese Entwicklung fortsetzen? Frau Wirzberger betont, wie wichtig es sei, dass Studierende Metakompetenzen entwickeln, um mit solchen Tools reflektiert und verantwortungsvoll umzugehen. Dazu gehören kritisches Reflektieren, die Fähigkeit, KI-generierte Inhalte zu beurteilen, sowie der kompetente Einsatz solcher Systeme im Studienkontext. Auch Lehrende müssen lernen, mit diesen Technologien umzugehen. KI-gestützte Tools und Lern-Apps könnten das Bildungssystem deutlich bereichern, vorausgesetzt, es wird klar kommuniziert, welchen Stellenwert diese Systeme haben und wofür sie eingesetzt werden. Veranstaltungen, die gezielt die Digitalkompetenzen von Studierenden fördern, könnten außerdem verhindern, dass KI-Tools unreflektiert genutzt werden. Laut Maria Wirzberger wird es zudem immer wichtiger, Prüfungsleistungen so zu gestalten, dass sie tatsächlich die Fähigkeiten der Studierenden abbilden und nicht einfach durch KI generiert werden können.

Adaptive Systeme für personalisiertes Lernen

Ein weiteres Forschungsfeld von Maria Wirzberger sind adaptive tutorielle Systeme, die sich an individuelle Lernbedürfnisse anpassen. Mit solchen Technologien könnte beispielsweise in multikulturellen Lernkontexten das Lehrmaterial auf die jeweilige Kultur der Studierenden abgestimmt werden. Auch affekt-adaptive Systeme, die auf emotionale Zustände reagieren, könnten Lernende besser abholen. Solche Technologien könnten es Hochschulen zukünftig ermöglichen, auf die Vielfalt ihrer Studierenden einzugehen, etwa indem sie das Lerntempo und die Lerninhalte personalisieren.

Virtuelles Lernen mit VR und AR

Weitere Innovationen, die das Studium der Zukunft prägen könnten, sind Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR). Laut Wirzberger könnten viele Studiengänge enorm von diesen Technologien profitieren, doch bisher fehlt es an einer flächendeckenden Infrastruktur. Dabei bieten sich zum Beispiele im Bereich der Lehramtsausbildung spannende Einsatzmöglichkeiten, unter anderem durch virtuelle Klassenräume, in denen angehende Lehrkräfte ihre Unterrichtsstunden mit simulierten Schulklassen üben können. VR und AR eröffnen neue Wege der Wissensvermittlung und schaffen Möglichkeiten, Wissen erlebbar zu machen.

Globale vernetzte Bildung

Dank der fortschreitenden technologischen Entwicklung bestehen bereits heute Möglichkeiten, ein global vernetztes Lernumfeld zu schaffen. Ein Beispiel sind Massive Open Online Courses, die Studierenden weltweit den Zugang zu Lerninhalten ermöglichen. Frau Wirzberger sieht in diesem globalen Austausch großes Potenzial, insbesondere im Bereich der Lehre. Während in der Forschung international bereits viel geteilt wird, gäbe es im Bereich der Lehre noch erheblichen Nachholbedarf, insbesondere bei der Bereitstellung von Lehrmaterialien als Open Educational Resources.

Ratschläge für die Zukunft

Zum Abschluss frage ich Maria Wirzberger, welchen Rat sie Studierenden mit auf den Weg geben würde, denen eine Zukunft inklusive stetig fortschreitender Technologien bevorsteht. Ihr Appell: kritisch, aber neugierig bleiben, den eigenen Verstand nutzen und stets offen sein für neue Entwicklungen.
Die Universität der Zukunft bietet faszinierende Möglichkeiten. Ob wir jedoch tatsächlich irgendwann an einer Hochschule studieren werden, die dem eingangs beschriebenen Szenario entspricht? Das kann uns nur die Zukunft zeigen!

Anietta

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Alle Eingabefelder, die mit einem Stern (*) versehen sind, sind Pflichtfelder.


Zum Seitenanfang